Was verrät uns die Handschrift?

Wer Graphologie nur aus der Rubrik von Kreuzworträtsel, Horoskop und Vermischtem in den Illustrierten kennt, wird sie mit Recht für eine Art Kunst des Kaffeesatzlesens halten und damit abtun. Einen ganz anderen, qualitativen Blick vermittelt Hans Knobloch, einer der profiliertesten Graphologen der Gegenwart, mit seiner Methode der »exemplarischen Graphologie«. Ganz ähnlich wie in der Verhaltensforschung von Konrad Lorenz und Irenäus Eibl-Eibesfeldt wird auch hier verfeinerte Gestaltwahrnehmung geübt.

Die Handschrift - so die vereinfachte Hypothese der Graphologie-ist wie das Gesicht und seine Mimik: Man muss nur hinsehen und sie zu deuten verstehen. Analog dazu reagiert im Alltag nahezu jeder - gleichgültig, ob er von Handschriften etwas hält oder sie gar zu interpretieren versteht –

unmittelbar auf eine Handschrift, wenn mit ihr eine für ihn persönlich wichtige Frage verbunden ist: Ist dieser Vermieter eine vertrauenswürdige Person? Verspricht dieser Bewerber Initiative und Phantasie? Hat diesen Liebesbrief jemand geschrieben, der es ehrlich meint?

Diese Alltagserfahrung war der »Regie-Einfall« des Autors zu den fiktiven Gesprächen seiner graphologischen Werkstatt, in denen er »Graphologie in Aktion« zeigt. Eine Gruppe von sechs bis acht Personen verschiedener Herkunft und beruflicher Ausbildung, vier Frauen und vier Männer, diskutieren über Schriftbeispiele. Und zwar in Verbindung mit einer Frage, die keinen »kalt« lässt, die jeden unmittelbar und emotional anspricht. Zu diesen Fragen gehören:
Wer würde ihn gerne als Sohn haben?

Wer möchte sie zur Freundin haben?

Ist er ein guter Personalchef?

Würden sie sich von dieser Ärztin behandeln lassen? u. A.

Es entsteht ein lockeres, oft heftiges Gegeneinander verschiedener Ansichten, das den Leser unmittelbar berührt. Er hat am Prozess der Deutungsfindung teil. Dieses graphologische Nachdenken verbindet geschickt die eigene Deutung mit Interpretationen aus der Persönlichkeitspsychologie, der Psychoanalyse, der Literaturgeschichte und der Linguistik.