Wandel und Tradition

Jede Generation und jede Zeit hat zu Tradition und Wandel Stellung zu nehmen. Dabei scheint es entweder um eine mehr oder weniger kritische Übernahme von traditionellen Lebensarten, Erkenntnissen und Wertvorstellungen oder um eine mehr oder weniger scharfe und abrupte, mehr evolutionäre oder revolutionäre Wandlung zu gehen, letzteres mit dem Ziel, die persönlichen oder gesellschaftlichen Lebensformen neu zu gestalten. Aber geht es dabei einfach um ein «entweder-oder»?

Ist es vielleicht nicht so, dass solche Alternativen der komplexen Wirklichkeit nicht gerecht werden? Solche Fragen waren noch nie so drängend, bedrängend, dringlich, sie standen wahrscheinlich noch nie vor einem derart apokalyptischen Hintergrund.

Tradition ist die weitergereichte Fackel, die Wohnlichkeit, Behaglichkeit und Licht vermittelt, aber auch glimmende Glut, die das Haus einäschern kann. Wandel ist ein loderndes Feuer, das neue Eisen schmiedet oder ganze Lebensräume versengt.

Der Umgang mit dem Feuer sollte nicht länger den Kindern (in uns) überlassen bleiben, die unbedacht damit spielen.