Schatten im Paradies

Ende September 1970 trug man Erich Maria Remarque unfern seines Wohnsitzes in Ronco bei Ascona zu Grabe. Sein Tod war für die Welt ein Schock: der Verfasser von «Im Westen nichts Neues» war gestorben. Sozusagen ein Anti-Schock bedeutete es, dass aus Remarques Nachlass noch ein letzter, umfangreicher Roman zutage kam: «Schatten im Paradies». Hatte er seinen ungezählten Lesern diesen Trost mit Absicht übers Grab hinaus vorenthalten? Die Frage stellen, heisst auch bereits, sie verneinen. Man mag bei Remarque, dem Sonnenseitigen des Erfolgs, gewisse Exzentrik des Daseins oft verspüren – wie gut sah er aus! Weltsensation seine Heirat mit Paulette Goddard!

Berühmt sein Haus im Tessin! Allzeit Schlagzeilenmacher der Weltpresse! -, seine Bücher reden eine andere Sprache.

Seit er als Achtzehnjähriger in den Krieg, der als der Erste Weltkrieg berüchtigt wurde, zog, war er Anwalt der Verfolgten. Denn als er und seine überlebenden Kameraden die Uniform ausziehen durften, brach mit teuflischer Eile neues Unheil über die Welt herein.

Bereits sechs Jahre nach der Veröffentlichung warfen die Nazis «Im Westen nichts Neues» auf den Scheiterhaufen. Remarque hatte die Zeichen der Zeit schon vorher erkannt und lebte seit 1930 in der Schweiz.

Fortan galt dem Flüchtling der Flüchtling als Bruder.

Die Mehrzahl seiner Werke gelten ihm.

Auch «Schatten im Paradies» spielt in dem Raum, wo das «Herzweh des Exils», wie Thomas Mann sagte, die Menschen fordert. Sein Held – ein Anti-Held ist ein Deutscher in New York. Er trägt das Kreuz, das auch Remarque getragen hat: das Ausgestossensein, die Heimatlosigkeit mitten im «Paradies».