Mona

Chessex' neuester Roman ist so spannend und kraftvoll wie «Der Kinderfresser», der mit dem Prix Concourt ausgezeichnet wurde. Den arrivierten Rechtsanwalt Raymond Mange, Politiker, Generalstabsoffizier, verheiratet mit einer Frau, deren Schamhaftigkeit ihn «in die Wüste schickte», Schwiegersohn des mächtigen Maître Perrin, packt mit fünfundfünfzig Jahren die Gier, in das Geheimnis, vor allem das körperliche, sexuelle, anderer Menschen einzudringen. Diese Gier glaubt er nur mit Mona Antoniazza, einem vorbildlich gewachsenen FIittchen, befriedigen zu können. Dieses Mädchen nackt zu sehen und mit ihm zu schlafen: diese Gier wird bald zur Sucht.

Allmählich vermag Maître Mange an nichts anderes mehr zu denken als an Monas Körper; er verliert die Beziehung zu seinem Alltag voller Verpflichtungen, und nicht einmal die Warnungen des Polizeiinspektors Renard, Mona stehe in Verbindung mit einer internationalen Rauschgiftbande, vermögen ihn in die Realität zurückzuholen. Er legt die Scheidung ein, vernachlässigt seinen Beruf, deckt Mona, als diese ein Bandenmitglied wiederholt trifft.

Seine Suspendierung als Anwalt beschleunigt seinen gesellschaftlichen Abstieg. Dies alles nimmt Mange gelassen hin; er ist ein Geniesser, er isst, trinkt, liebt, alles mit der gleichen Intensität. Seinen existenziellen Niedergang übersteht er gut, wenn er mit sich selbst im reinen ist. Da begeht seine Tochter, die er leidenschaftlich liebt, Selbstmord, und nun zerbricht er innerlich an Selbstvorwürfen und Schuldgefühlen. Mona, das kecke, gefügige Mädchen, fühlt sich dieser Krisensituation nicht gewachsen und haut mit einem Rauschgiftdealer ins Ausland ab.

Die Krise eines 55 jährigen, der aus seinem bisherigen Leben ausbricht, sexuell hörig wird und zerfällt: diese Geschichte ist prallvoll von Leben, stimmt in jedem Detail und liest sich wie ein Kriminalroman.