Katharina und die russische Seele

Eine bereits klassisch gewordene Biographie immer noch ein einzigartiges Lesevergnügen Da gab es also eine fünfzehnjährige deutsche Prinzessin aus dem recht unbedeutenden Hause Anhalt-Zerbst, die mit ihrer Mutter nach Petersburg auf den Weg gebracht wurde als Braut des künftigen russischen Zaren -den Heiratsvermittler spielte übrigens kein Geringerer als -, und dieses kleine, ehrgeizige, energische, gescheite und liebenswürdige Persönchen stieg zur bedeutendsten Kaiserin auf, die die neuere Ge-Friedrich II. Von Preussen schichte kennt, wurde zum «Mütterchen Katharina» ihres Volkes, erkämpfte für ihr Riesenreich einen geachteten Sitz im Konzert der europäischen Nationen. Sie wurde darob gehasst, geliebt, bewundert, verleumdet, und die zeitgenössische Fama, die stets dem Pikanten und Skandalösen den Vorzug gibt vor der nüchternen, sachlichen Wahrheit, hat der Nachwelt ein lächerlich verzerrtes Bild dieser grossartigen Frau überliefert.

Dieses Bild wieder zurechtzurücken, der Grösse die Gerechtigkeit widerfahren zu lassen, die jeder Grösse gebührt, ist recht eigentlich das Anliegen, das Mary Lavater-Sloman mit ihrer Biographie verfolgt. Und sie entledigt sich dieser Aufgabe nicht nur mit sauberster Sachkenntnis und hinreissender Überzeugung, sondern auch mit jener Herzenswärme, Einfühlungsgabe und dem immer wieder durchbrechenden fröhlichen Humor, die allen ihren Werken eigen sind.