Der Starost

Zur Zeit, da in St. Petersburg Katharina, später die Grosse genannt, regierte, lebte auf seinen ausgedehnten Besitzungen in Kurland der Edelmann und Erbherr Josias von Karp als unumschränkter Herrscher in seinem Reich, der streng, unbeugsam und selbstherrlich die Geschicke der ihm anvertrauten Menschen lenkte. Dem Gesetz, nach dem er angetreten, getreu, ruhte er so unbeirrbar in sich selber, dass er als ein Unverletzlicher, ein niemals Schwankender erschien - bis jene Ereignisse eintreten, die Bergengruen dem Leser gleichsam zur eigenen Beurteilung unterbreitet.

Durch eine Intrige seiner politischen Gegner wird dem mächtigen Erbherrn der einzige Sohn entfremdet, so dass des Starosten gesamter Lebensbau und Lebensplan zusammenzubrechen droht. Er sieht sich vor die Wahl gestellt, den Zusammenbruch hinzunehmen oder den Sohn auf krummen, seinem innersten Wesen widerstrebenden Wegen zurückzugewinnen. Dies der Konflikt, ein Widerstreit von shakespearischen Ausmassen, der sich, von Bergengruen mit überlegener Meisterschaft gelenkt, zu schicksalhaften Spiel voll menschlicher Grösse einem und menschlicher Schäbigkeit ausweitet. Und der Leser folgt diesem Spiel gepackt, gebannt, bald bangend, bald befremdet und leidenschaftlich hin- und hergerissen zwischen Zustimmung und Ablehnung sei - nicht anders als er Zeuge eines wirklichen Kampfes, der unmittelbar vor seinen Augen ausgetragen wird.